Vosseler über Vosseler

Versuch eines selbstanalytischen Werdegangberichts

So editiert in 2002, gilt aber inhaltlich im Wesentlichen immer noch

Fred Vosseler ist jung. Jung als Bildhauer insofern er sich „erst“ seit ca. neun Jahren mit „echter“ Bildhauerei im Sinne von größerformatiger Steinhauerei beschäftigt. Plastisches Arbeiten und künstlerische Betätigung in vielen Bereichen ist Ihm ansonsten „von Kindesbeinen“ an eine Begabung und ein Anliegen. Wie er bei Gelegenheit augenzwinkernd gerne erzählt, war er hingebungsvoller Berg- und Talfahrtstrassenbauer im Sandkasten, kindlicher Blechautoprototypenbastler, Laubhüttendetailgestalter und später Einserschüler im gymnasialen Kunstunterricht.

Dementsprechend fiel nach dem Abitur auch die Wahl seiner Studienrichtung aus. Mangels eines damals von den Institutionen eingefordeten Vorstudiums oder einer geeigneten Berufsausbildung zur Zulassung an eine Hochschule für Gestaltung entschied er sich zunächst für ein Studium der Architektur an der Hochschule in Karlsruhe.

Begleitend zu diesem Studium belegte er alsbald ein Gastsemester an der Akademie für Bildende Künste ebendort. Nach einem „brav“ dort abgeschlossenen Vordiplom wechselte er dann an diese Akademie in die Zeichenklasse von Professor Hancke. Er absolvierte die vorgeschriebenen Ausbildungsgänge, belegte parallel ein Kunstgeschichtsstudium an der Hochschule. Ziel dieser Ausbildung war zunächst die Erlangung einer Lehrerfakultas für den Beruf des Kunsterziehers an Gymnasien.

Persönlich hatten es ihm damals, neben den üblichen Ausbildungsgängen der Akademie, andere Bereiche angetan. Lettersatz und Typographie, Fotolaborarbeit und Siebdruck eignete er sich an und betrieb alsbald studienbegleitend eine kleine Werkstattfirma für Entwurf ,Grafik, Siebdruck und Serigrafie. Er besserte so seine bescheidenen Studienmittel auf, indem er allerlei Kunden mit den Produkten seiner kleinen Druckerei versorgte. Dieses „Zubrot“ setzte er schon damals in größere Reiseunternehmungen um. Er war in dieser Zeit mehrfach in Berlin, im ganzen europäischen Ausland, per VW-Bus in Aphganistan und als „brigadisto“ in Cuba.

Inzwischen war er an der Akademie zu einem ordentlichen Zeichner geworden, die Malerei wurde nicht (und ist es heute noch nicht) „sein Ding“. Er absolvierte schließlich alle Prüfungen erfolgreich. Danach begann für Ihn, was man gemeinhin als den „Ernst des Lebens“ bezeichnet, nämlich zunächst die Zeit als Studienreferendar in Freiburg. Im Rahmen einer Studienarbeit beschäftigte er sich seinerzeit intensiv mit einer Sache, die sich aus seiner alemannischen Heimat, er stammt aus Donaueschingen, versteht, nämlich mit der Herkunft, Bedeutung und den Formenerscheinungen von Fasnetbräuchen -kostümen und -masken und deren Verwendbarkeit in der künstlerischen und kunstpädagogischen Umsetzung.

In dieser Zeit und eine geraume Zeit weiterhin beschäftigte er sich umfangreich mit diesem Thema, auch und gerade durch die Verfertigung eigener Maskenentwürfe aus Gips, Pappmaschee und Glasfaserkunststoff. Es sind genaugenommen seine ersten plastischen Arbeiten.

Inzwischen hatte er ein Tätigkeit als Kunsterzieher in Heidelberg als Kunsterziher am dortigen Gymnasium des Englischen Instituts aufgenommen und verlagerte Wohnsitz und Aktivitäten nach Heidelberg. Dort erschloss er sich alsbald neue Betätigungsfelder. Kaum verdiente er sein erstes „richtiges“ Geld, erwarb er im Odenwald ein Bauernhaus und begann dieses zu renovieren. Hierbei ergibt sich ein entscheidender Vorgang, denn, so sieht es Fred Vosseler heute, war doch das einfache Nachhauen mürber Mauersteine, für ihn die Begegnung mit seinem bildhauerischen „Erstlingsmaterial“, dem roten Odenwälder Sandstein.

Er beginnt den Stein zu lieben, den Handwerksvorgang, den Kraftakt, das formgestalterische Ringen mit dem Material und es gelingt ihm nach und nach unter „Einfliessenlassen“ seiner sonstigen künstlerischen Erfahrungen den „steingewordenen“ eben skulpturalen Emotionsausdruck und nicht zuletzt in vielen von seinen Objekten den intellektuellen, oft verklausulierten Witz, der allerdings verstanden sein will, „aus dem Stein herauszuhauen“.

Er ist bald Lichtjahre vom „Mauerstein“ weg, er erfndet Formen, oft erst im kleinen Format, aus Speckstein oder Gips, auch mal aus einem alten Kerzenstummel und er bleibt sich selber den Beweis nicht schuldig, auch naturalistisch zu arbeiten zu können, wenn er es nur wollte, indem er einen monumentalen Kopf aus dem Stein heraushaut. Er kehrt sofort, als dieser ihm gelungen ist, zu seiner eigentlichen Liebe zurück, dem angefangenen „Spiel“ mit organisch-abstrakten Formen und kehrt zu, – wie er sie nennt –, „konzeptionellen Objekten“, die dann weniger auf den Bauch denn mehr auf die Großhirnrinde zielen, zurück.

Seine Objekte sind oft „multiinterpretativ“ und er verrät selten, was er selbst in den Objekten sieht, z, B. durch Setzung eines Objektnamens, sondern er überläßt es absichtsvoll dem Betrachter oder auch dem „Erfühler“, seine Wahrnehmungen und Empfindungen am Objekt festzumachen. Inzwischen genügt der Sandstein nicht mehr den gewachsenen Fähigkeiten und Ansprüchen und seine Zeit, die er den Steinen widmet, genügt diesen nicht mehr. Er reduziert sein Unterrichtsverpflichtung an der Schule besucht den Bildhauer Pierre Schuhmann, arbeitet dort erstmals mit Marmor und ist jetzt endgültig entschlossen, noch Bildhauer und neben den Dingen, die er ansonsten kann und tut, auch nur noch Bildhauer und nicht auch noch Maler oder sonst etwas anderes zu werden.

Er fährt nach Carrara, „erobert es im Sturm“. Durch eine zufällige aber glückliche Begegnung mit „Signore Carlo Nicoli“ bekommt er schon bei seinem ersten Besuch an – der Quelle des Marmors – sofort im bekanntesten Bildhauerstudio der Stadt einen für ihn reservierten Vorzugsplatz, zu dem er immer wieder zurückkehren wird. Er nimmt Kontakt auf zu einem Mann, mit dem er seither und bis heute vielfältige Unterstützung und Förderung erhält und der ihn auf dem schwierigen Gelände des Kunstmarktes vertritt, Michael Steiner, ehemals sesshaft mit seiner Galerie in Schloss Babstadt, heute in Heidelberg und weiterster Umgebung vielfältig aktiv.

Währenddessen findet er noch Zeit und Lust in Heidelberg Theaterspielen zu lernen und viele Male in den Jahren beim dortigen Taeter-Theater (kein Schreibfehler, es heißt wirklich so) auf der Bühne zu agieren. Er entwirft für dieses Theater zwei komplette Bühnenbilder und einige Plakate, dasselbe macht er auch für die Schülerbühne seiner Schule.

Im Laufe der Jahre ist er in der ganzen Welt unterwegs, er besucht Indien, zweimal Marokko, Tunesien, Lanzarote, Mallorka, Spanien und Portugal, Frankreich, Griechenland, Tschechei und Polen, mehrfach Ungarn und natürlich immer wieder Italien. Von allen Reisen bringt er kunstgeschichtliche, aber auch „kunstaktuelle“ Eindrücke und Inspirationen mit, arbeitet „vor Ort“ und bringt oft „im Reisegepäck“ verfertigte Stücke oder auch rare Steine mit nach Deutschland.

Er verkauft sein Haus im Odenwald, kehrt komplett nach Heidelberg zurück, findet glücklich ein geeignetes Atelier in Heidelberg! Dossenheim (gar nicht so einfach, wegen der „Emissionen“) und arbeitet dort jetzt qualitätvoller und effizienter denn je.

Inzwischen ist sein „Materialspektrum“ breiter. Viele Stein- und Holzsorten und daraus gearbeitete Skulpturen sind in seinem Atelier zu finden. Aus den verschiedenen Hölzern entwickelt er eine neue „Formabteilung“, ebenso entstehen viele Modellmaquetten aus Gips und Glasfaserharz, die er gerne als Metallgüsse realisiert sehen würde, es gibt noch viel für ihn zu tun!

Wenn man ihn fragt, wie er sich in seiner Bildhauerei selbst erlebt, kann er vielfältige Auskünfte geben. Eine davon, wie er sagt, nicht so ganz ernsthafte, aber doch irgendwie zutreffende lautet folgendermaßen: „Ich glaube, daß ich deswegen ein guter Bildhauer bin, weil ich so gerne Steine haue; sie mir dann aber leid tun und ich sie dann solange streicheln muß, bis sie und ich wieder glücklich sind“. Sagt er und zwinkert dabei. Gefragt, wie er mit seinem Leben weiterfahren will, sagt er gehe gerne bis auf weiteres „auf vier Beinen“ durchs Leben. Diese Beine sind: Seine Arbeit mit Schülern, Theaterspielen, seine Bildhauerei und eben sein privates Leben, ich wünsche ihm hierzu Kraft, Gesundheit und Glück hinein bis möglichst weit hinein ins neue Jahrtausend.

Fred Vosseler